Werner Rasche (re.) mit Ariel Rosenfeld und Ehefrau Amit Rosenfeld auf dem Jüdischen Friedhof Winnweiler neben der Grabplatte seines Münchweilerer Urgroßvaters David Sonnheim

Das Ehepaar Rosenfeld verfolgt aufmerksam die von Werner Rasche (re.) explizit zur Münchweilerer Familie Sonnheim eigens für die beiden erstellte Powerpoint-Präsentation im Jüdischen Museum Winnweiler

Egon Busch (li.) erläutert den Rosenfelds die Geschichte der ehemaligen Synagoge Münchweiler in der Hauptstraße 5, ab Mitte des 20. Jahrhunderts auch eine Zeit lang Bürgermeisteramt

 

Vor der Bäckerei Dautermann erfahren die Rosenfelds von Egon Busch (li.) Details zu ihren ehemals dort wohnhaften Vorfahren, aber auch den heutigen Besitzern; rechts Beigeordneter Bernd Riffel

Ariel und Amit Rosenfeld besuchen Münchweiler und Winnweiler

           „Ich habe heute hier in diesen Stunden weit mehr gehört und gesehen, vor allem aber gelernt, als ich mir je hätte träumen lassen. Ich bin tief bewegt und unendlich dankbar, dass mir dieser Besuch ermöglicht wurde. Die Reise aus unserer rund 4.000 Kilometer entfernten Heimat nahe Tel Aviv hat sich mehr als gelohnt“, so das Fazit von Ariel Rosenfeld (29), direkter Nachfahre der bis etwa 1940 in Münchweiler wohnhaften jüdischen Familie Sonnheim.

         Rosenfeld, begleitet von seiner Ehefrau und angehenden Ärztin Amit Rosenfeld (26), der an einer israelischen Hochschule unterrichtet und derzeit an seiner Dissertation auf dem Gebiet der Informatik schreibt, hatte von seinem Vater erfahren, dass seine in Israel beigesetzte Großmutter zusammen mit ihren drei Schwestern in Münchweiler/Alsenz aufgewachsen und zur Schule gegangen war. Internet-Recherchen führten ihn zur Gemeinde-Homepage. „So war der Kontakt nach Münchweiler via E-Mail mit Herrn Riffel schnell hergestellt und mein Wunsch für einen Besuch gerne entgegengenommen“, so Rosenfeld.

Tief beeindruckt von Jüdischem Museum
         Das vom Beigeordneten Bernd Riffel zusammengestellte und durchgeführte Besuchsprogramm begann in Winnweiler, wo Werner Rasche sich freundlicherweise bereit erklärt hatte, die kompetente Führung zu übernehmen. Erster Anlaufpunkt war der Jüdische Friedhof, auf dem eine Vielzahl Juden aus Münchweiler und Winnweiler beigesetzt ist, darunter vier Mitglieder der Münchweilerer Familie Sonnheim, einschließlich Ariel Rosenfelds Urgroßvater David Sonnheim. Rosenfeld sprach ein Gebet in seiner Muttersprache Hebräisch, legte als Ehrbezeugung an den Gräbern jeweils einen kleinen Stein nieder und hielt, mit Tränen in den Augen, eine Weile inne.

         Tief beeindruckt zeigten sich die Rosenfelds vom Winnweilerer Jüdischen Museum mit seinen bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreichenden, fraglos gleichermaßen außergewöhnlichen wie kostbaren Exponaten, liebevoll präsentiert in stimmungsvoll beleuchtetem passenden Ambiente. Im angrenzenden Tagungsraum hatte Rasche für das Ehepaar Rosenfeld eine ganz besondere Überraschung vorbereitet: In aufwändiger Arbeit war eine Powerpoint-Präsentation eigens zur Münchweilerer Familie Sonnheim entstanden und mit Rasches unbestritten fundiertem Fachwissen detailliert vorgestellt worden. „Die hier verwendeten überaus wertvollen Fotos wurden mir vor vielen Jahren dankenswerterweise vom mittlerweile verstorbenen Hans Bayer aus Münchweiler zur Verfügung gestellt, der mehrfach als kleiner Junge darauf gemeinsam mit Mitgliedern der Familie Sonnheim zu sehen ist“, so Rasche erläuternd. „So etwas hatte ich wirklich nicht erwartet, ich bin überwältigt, vielen Dank“, so Rosenfeld, der seine Tränen kaum zurückhalten konnte.

         In Münchweiler wartete bereits Egon Busch, ebenfalls bestens mit der regionalen Geschichte, insbesondere zur ehemaligen Jüdischen Gemeinde Münchweiler, vertraut und darüber hinaus Autor der 1994 erschienenen 600 Seiten starken Dorfchronik, in der sich auch der Name Sonnheim wiederfindet. Eine solche überreichte Riffel im Namen der Gemeinde an die Rosenfelds zusammen mit einer im Archiv der Verbandsgemeinde Winnweiler noch vorhandenen über 100 Jahre alten Urkunde. „Es handelt sich wohl um eine Art Familienausweis der Münchweilerer Sonnheims, in der alle Mitglieder mit unter anderem Geburtsort und -tag sowie Sterbedatum handschriftlich fein säuberlich aufgelistet sind“, so Riffel.

Synagoge, Wohn- und Geschäftshaus besichtigt
         Unter Buschs fachkundiger Führung ging es dann zunächst zur Jüdischen Synagoge in der Hauptstraße 5. „Die Synagoge, die damals Platz für 40 Männer und 25 Frauen bot, streng voneinander getrennt, versteht sich, wurde Ende der 1930er-Jahre von den Nazis ent- und der Gemeinde Münchweiler übereignet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie wieder an die Jüdische Gemeinde zurückgegeben. Einige Jahre später ging sie erneut in den Besitz der Gemeinde über, bis 1970 fungierte sie sogar als Bürgermeisteramt“, so Busch. Unmittelbar daneben findet sich das Wohnhaus, das seit 1938 die Bäckerei Otto und Karl-Heinz Dautermann beherbergt. Beide Anwesen wurden bis dahin über Jahrzehnte hinweg von den jüdischen Familien Sonnheim und Welter bewohnt. David und Nanny Sonnheim hatten vier Töchter, darunter die 1908 geborene Holocaust-Überlebende, etwa 1946 nach Israel emigrierte und dort verstorbene Hanna, Ariel Rosenfelds Großmutter.

         „Ein Stück weiter auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich das Anwesen Hauptstraße 34, welches ebenfalls den Sonnheims gehörte. Diese unterhielten dort zu jener Zeit ein Lebensmittelgeschäft. Das Gebäude wurde dann während der NS-Zeit (1939) von den Nazis eingezogen und an die einheimische Familie Ludwig Ledig veräußert“, so Busch. „Nach dem Zweiten Weltkrieg bezahlten wir das Haus ein zweites Mal, und zwar diesmal an die rechtmäßigen Eigentümer, die in Israel lebende Familie Sonnheim“, so Horst Ledig, Sohn der damaligen Inhaber, die den Laden viele Jahre als Eisenwarenhandel betrieben. Heute hat der überregional bekannte Bulldog-Club Münchweiler hier sein Vereinsheim.

        „Während Anfang des 20. Jahrhunderts in Winnweiler etwa 160 Juden lebten, bestand die Jüdische Gemeinde Münchweiler sogar aus 180 Mitgliedern. Es gab eine eigene Schule mit mehr als 40 Schülern und einem Lehrer, der zudem als Geistlicher und Schächter fungierte, zeichnete also auch für das rituelle Schlachten der Tiere nach hebräischem Zeremoniell verantwortlich“, so Busch.

Dank an Münchweiler, Gabe für Winnweiler
       „Mein besonderer Dank gilt der Gemeinde Münchweiler, die sich mit meinem Besuch wirklich sehr große Mühe gemacht hat. Auch bei den Herren Busch und Rasche möchte ich mich ausdrücklich, gerade auch im Namen meiner ganzen Familie für die zahllosen bleibenden Eindrücke und für uns nicht mit Gold zu bezahlenden Informationen, bedanken. Nachdem ich nun all dies gesehen habe, verstehe ich die Geschichte meiner Familie viel besser, insbesondere, warum meine Großmutter Hanna trotz allem so gerne in Münchweiler gelebt und stets mit viel Liebe und Herzenswärme von ihrer alten Heimat gesprochen hat. Als ein weiteres Zeichen meiner Dankbarkeit werde ich gleich nach meiner Rückkehr einige Fotos und verschiedene Dokumente, die meine Familie noch aus der Zeit der Sonnheims in Münchweiler besitzt, Herrn Rasche übersenden und dem Jüdischen Museum Winnweiler zu Ausstellungszwecken dauerhaft zur Verfügung stellen“, so Rosenfeld, erneut den Tränen nahe.

(online: Sonntag, 24. April 2016; siehe auch "Die Rheinpfalz" und "Winnweiler Rundschau", 17. KW)